Fegefeuer

 

Dante im Plastik-Fegefeuer 

 

In „Purgatorio“, dem mittleren Teil von Dantes „Divina Commedia“, steigt der Dichter durch sieben Terrassen des Läuterungsbergs empor. Jede Ebene steht für eine der sieben Todsünden, und die Seelen, die dort büßen, sind auf dem Weg zur Erlösung. Das Fegefeuer ist also kein Ort ewiger Verdammnis, sondern einer der Hoffnung, Reinigung und spirituellen Entwicklung.

Im Gegensatz dazu zeigt meine Assemblage „Fegefeuer“ eine grelle, groteske Szene voller Widersprüche: Die Figuren scheinen im Feuer zu erstarren – nicht als Pilger auf dem Weg zur Erlösung, sondern als gefangene Archetypen unserer Zeit. Sie wirken nicht im Begriff, geläutert zu werden, sondern eher in einem zynischen Stillstand gefangen.

 

  • Während Dantes Fegefeuer eine geordnete, theologisch fundierte Struktur hat, wirkt dein Fegefeuer wie ein chaotischer Jahrmarkt – ohne klare Moral, ohne sichtbare Bewegung nach oben.

  • Bei Dante gibt es aktive Reuehandlungen. In meiner Assemblage stehen die Figuren passiv im Feuer – sie leiden, aber sie tun nichts. Vielleicht wissen sie gar nicht, warum sie dort sind.

  • Dante wird von Vergil und später von Beatrice geleitet – Symbolfiguren für Vernunft und göttliche Liebe. Hier begegnen wir stattdessen Actionfiguren, Businessmännern und einer fremd gewordenen Heiligenfigur. Die Erlösungsmächte sind entstellt, konsumierbar gemacht, aber doch nicht völlig abwesend.

Die mittelalterlichen Strukturen Dantes lösen sich auf in ein absurdes, buntes Spektakel aus Religion, Medien, Alltag und Spektakel. So gesehen ist mein Werk eine Art postmodernes „Gegen-Purgatorio“: Ein Ort, an dem keine Seele mehr weiß, wofür sie büßt – oder ob das überhaupt noch eine Rolle spielt.

Diese groteske Assemblage wirkt wie ein greller ironischer Spiegel unserer heutigen Wertewelt: moralischer Eifer, Verdammung, und ein Hauch Trash-TV treffen auf religiöse Bildsprache und Konsumästhetik.

 

Druckversion | Sitemap
© heereart