Meine ersten Arbeiten zum Thema „Gott“ datieren aus den 1990er Jahren. Sie entstanden aus Ausweitungen meiner Appropriationen von Motiven früherer Kunst auf religiöse Sujets, was mich dann mehr und mehr interessierte und faszinierte. Neben rein bildnerischen Herausforderungen war für mich die künstlerische Auseinandersetzung mit Sujets, die offensichtlich „Transzendenz“ beinhalten, ein neues Terrain. Selbstverständlich spielte dabei auch mein Interesse an früherer Kunst eine große Rolle, stammen doch meine ausgewählten Bilder allesamt von den bedeutendsten Meistern der Frührenaissance bis zum Barock. Schon damals war mir klar, dass es mir nicht „nur“ um malerische bzw. collagistische Aneignungen von früheren Kunstwerken ging, sondern auch um deren Bedeutungen, die in diesem Falle christlicher Natur sind. Dazu interessierten mich mehr und mehr Texte zu einzelnen Kunstwerken von Philosophen, wie etwa Nietzsche zu Raffaels „Verklärung“ oder von Kunsthistorikern mit philosophischen Orientierungen wie Didi-Huberman zu Fra Angelico.
Ich bin der Meinung, dass es in einer rein profanen Welt – nicht nur hier im Westen – wichtig sein kann, Bruchstücke einer Transzendenz als Kunst zu zeigen. Ich thematisiere ganz bewusst nicht das Christentum als Kirche, die bekanntlich nach den Aussagen ihrer eigenen Vertreter zur Zeit in Turbulenzen sich befindet. Diese Probleme klammere ich nicht aus, sondern ein. Wie man sehen kann, schaffe ich durch Collagierung, Montage und Wieder-Malen eine gewisse Distanz dazu.
Nietzsche gibt in seinen Bemerkungen zu Raffaels „Verklärung“ eine Deutung im Sinne seiner dionysisch-apollinischen Weltsicht, wohingegen Didi-Huberman Fra Angelicos Werk als irdische Verkörperung des transzendenten Körpers des christlichen Gottes sieht. Der Teufel und die Hölle, einst genuin christliche Phänomene, stehen heute, soweit ich sehen kann, nicht gerade hoch im Kurs. Umso mehr in der christlichen Kunst des Mittelalters und der frühen Neuzeit, wo es geradezu wimmelt von Teufeln, Dämonen und anderen grotesken Ungeheuern, aber auch von Heerscharen von Engeln und Erzengeln, die in einem ewigen Kampf zu sein scheinen, trotz des schlussendlichen Sieges des Guten über das Böse, wie uns versichert wird. Einige dieser Szenarios gewinnen in meinen Arbeiten neues Leben in überraschenden Konstellationen. In den Arbeiten zur „Versuchung des heiligen Antonius“, die mich immer wieder fasziniert, wie viele Künstler in den letzten Jahrhunderten, geht es um eine Fülle von Imaginationen, die der Askese des heiligen Einsiedlers, die eigentlich deren Abtötung bezwecken sollte, entspringen.