Gott

Christus 12, 2020, Acryl/Collage, 100 x 70 cm

 

Ich habe für meine Collage das Gemälde „Christus mit Dornenkrone“ von Frau Angelico aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts verwendet. Er malte Jesus als theologisch gedachtes pikturales Zeichen, das in dem Corpus Christi das Mysterium repräsentieren sollte, das über den Körper hinausweist. Die christliche Ikone hat sich wunderbarerweise im Laufe der Geschichte zum modernen selbstreferenziellen autonomen Kunstwerk entwickelt, das das ehemals religiöse Versprechen auf Erlösung internalisiert hat und nun auf nichts mehr verweist als auf sich selbst.

Kunst als Chiffre der Selbsttranszendenz?

 

 

Christus 08, 2022, Acryl/Collage, 70 x 100 cm

 

Diese Collage zeigt das Bild eines jüngeren bärtigen Mannes. Wer nicht mit der Kunstgeschichte vertraut ist, würde nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennen, dass es sich bei meiner Bildquelle um den Typus des Christus als Weltenherrscher handelt, wie er in der byzantinischen Kunst üblich war (hier ein Mosaik aus dem 12. Jh. in der Hagia Sophia im damaligen Konstantinopel, heute Istanbul). 

Die Maske war ein Problem der Darstellung Christi, zumindest im frühen Christentum. So wurde tatsächlich diskutiert, ob nicht entsprechend der Zwei-Naturen-Lehre, nach der Christus gleichzeitig sterblicher Mensch und Gott ist[1], die menschliche Gestalt nicht so etwas wie eine Maske sei, hinter der sich der Gott verbirgt. „Der Denkansatz, dass Christus zwei niemals sonst vereinbare Naturen in sich getragen haben soll, wie der Schauspieler seine Maske trägt und in ihr eine Rolle darstellt, ist bereits erstaunlich genug in einem theologischen Diskurs.“[2] Obwohl „Christus ein Einziger war“ fährt Hans Belting fort, könnte man sagen, Christus trug „im Menschsein die Maske Gottes“. Deshalb sei seit dem 6. Jahrhundert die Idee der „authentischen Bilder“ aufgekommen oder der „Vera Ikon“, die auf einen Abdruck zurückgingen, wie ihn nur echte Körper auf einer Textilie hinterlassen können.[3] So entstand die bildnerische Tradition des sogenannten Mandylions, das eigentlich eine Maskendarstellung ist.

 

[1] Worüber im frühen Christentum erbittert gestritten wurde…

[2] Hans Belting, Das echte Bild, München 2005, S. 46

[3] Ob dieser Abdruck fiktiv oder real ist, muss hier nicht entschieden werden. Siehe zu dieser Thematik die Diskussionen um das sogenannte Turiner Grabtuch.

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