Landschaft

Isola Bella 01, 2022, Öl auf Leinwand, 120 x 100 cm

 

Einer der kulturell bedeutendsten der von Foucault so genannten „Heterotopien“ ist der Garten, im Altpersischen „pairi.daêza“, das Paradies, heute der Bestandteil der Werbung eines jeden Gartencenters, als „hortus conclusus“, also als mittelalterliches Paradiesgärtlein der Traum jeder schöner Gärtnerin, und als Park von Anfang an Abbild und Sinnbild der Welt. Doch ist der Park, der seit dem 18. Jh. nach den Bildern berühmter Landschaftsmaler in Natur inszeniert wurde, ebenfalls ein mächtiger Denkraum, der heute eine der virulentesten Utopien sein dürfte – mit dem Ideal einer Welt als globalisierter Park. Dabei ist die Tendenz vom Naturpark zum Themenpark nicht nur in der überstrapazierten und von Schneemangel bedrohten Alpenregion schon mehr als Zukunftsmusik. An den Rändern der mediterranen Welt gibt es sie noch, die unter einer gewissen Optik menschenleeren Küsten. Dass diese Gebiete zu Recht oft Naturschutzgebiete sind, zeigt den Traum, die Welt wieder in ein Paradies zu verwandeln, Beleg für eine mächtige Tendenz in der Moderne: die Vision einer Zukunft mit dem Mythos des Ursprungs kurzzuschließen.

Ich nehme die Landschaft zu einem Betrachtungsgegenstand und reproduziere subjektiv damit das, was ein ästhetisierender Blick seit langem in das Chaos der Natur als „Landschaft“ hineingesehen hat. Die Schönheit von Gärten und Parks, die Magie südlicher Landschaften  – das klingt so sehr nach der touristischen Ästhetik unserer Massenkultur und kann gerade deshalb nicht über das „Mysterium der sprachlosen Welt“. hinwegtäuschen: „überall war ich mitten drinnen, wurde nie ein Scheinhaftes gewahr: oder es ahnte mir, alles wäre Gleichnis und jede Kreatur ein Schlüssel der anderen.“ (Hugo von Hoffmannsthal, Lord Chandos)

In der bildnerischen Imagination schlagen die Dinge die Augen auf. Damit wird klar, dass die wirkliche Welt auf der Seite des Subjekts angesiedelt ist und das, was wir „Welt“ nennen, erst verweltlicht werden muss.

Gerade angesichts der erhöhten Sensibilität für Zerstörung und Vernutzung der Natur, aber auch für deren Erhalt und Re-Naturierung muss das Naturschöne neu in den Blick genommen werden. Ein weiteres Argument für eine Wiederkehr des Naturschönen in der Kunst ist dessen ethische Implikation, die Martin Seel in seiner „Ästhetik der Natur“ als Widerschein, als Möglichkeit und als Zuspiel eines guten Lebens herausgearbeitet hat.

Heribert Heere

KÜNSTLER

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