Der alttestamentarische Paradies-Text ist relativ spät entstanden, wohl nicht vor dem 9. oder 8. vorchristlichen Jahrhundert. Der Begriff selbst stammt aus dem Altiranischen und bedeutet „umzäunte Fläche“, aber auch „Baumgarten“ oder „Park“. So soll der Perserkönig Kyrus oft in seinem „Paradies“ auf die Jagd gegangen sein, was auf ein größeres Revier deutet.
Demgegenüber ist Gott in seiner Schöpfung, seinem Paradies, nur spazieren gegangen:
"Und sie (Adam und Eva) hörten Gott, den Herrn, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war.“ (Genesis 3, 8)
Da war es auch schon aus mit der göttlichen Ruhe im Paradies: Der Fall des ersten Menschenpaares und sein Hinauswurf aus dem Paradies schien unvermeidlich.
Der Urzustand der Welt war göttliche Harmonie ohne Naturkatastrophen und sonstige Chaos-Zustände. Auch waren alle Lebewesen dort Vegetarier, wie Gott kundtut:
"Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles Kraut zur Nahrung gegeben." (Genesis 1, 30)
Der biblische Text klärt uns nicht darüber auf, wie die Fleischfresser unter den Tieren mit ihren Mägen, Fresswerkzeugen etc. mit dem paradiesischen Grünzeug zu recht kamen. Aber solche und ähnliche scheinbare Ungereimtheiten sind nur beckmesserhaften Vernünfteleien geschuldet. Die große literarische Qualität der Genesis verbietet derartige prosaische unmetaphorische Einwendungen. Wie alle Weltentstehungsmythen besticht auch der biblische Paradiestext durch seine kraftvolle Poesie und einprägsame bildhafte Formulierung. Nur dem modernen naturwissenschaftlichen Weltentstehungs-Text ist jede subtile Metaphorik fremd: Da knallt’s einfach gehörig – obwohl niemand da war, der es hören konnte.