Das „Vera Ikon“, das „Wahre Bild“, ist in der kirchlichen Bildtheologie der Abdruck des toten Christus auf dem „Schweißtuch der Veronika“, wobei „Veronika“ sich direkt von „Vera Ikon“ herleitet, und bezeichnet einen bestimmten Bildtypus, in dem die Heilige ein Tuch präsentiert, auf dem das Porträt Christi erscheint.
Wir haben es hier mit einem sogenannten “ungemalten Bild“, eben dem Abbild Christi zu tun. Dieses Paradox des gemalten ungemalten Bildes verweist auf ein die ersten Jahrhunderte des Christentums dauerndes Ringen um das christliche Bild an sich. Die frühen Theologen standen vor dem Problem, dass die heidnischen „Götzenbilder“ (simulacra) der hochentwickelten antiken Kunst nicht fähig waren, den einzigen, christlichen Gott, der Mensch geworden war, zu repräsentieren.
Der unter Anderem daraus resultierende Jahrhunderte dauernde Bilderstreit zwischen Ikonoklasten (Bilderfeinde) und Ikonodulen (Bilderfreunde) endete mit einem Sieg der Bilderfreunde.
Das christliche Bild Gottes durfte weder autonomes Artefakt sein, da es auf die Herrlichkeit Gottes zu verweisen hatte, auch nicht antikes Kultbild, das in der Diktion der frühen Christen bloßes gestaltetes Material war, das auf „Nichts“ (die antiken Götter) verwies, noch konnte es selbst mit heiligem „Mana“ ausgestattet sein, wie Idole und andere Fetische.
Das ins Künstlerische gewendete Konzept der Verkörperung Gottes als Mensch, der Inkarnation, sollte sich als höchst fruchtbar für die weitere Kunst erweisen.
Die Idee des „Vera Ikon“ wirkt bis heute nach, etwa in der Diskussion um die Simulationskraft des Bildes (siehe oben).