Meine Arbeiten beziehen sich mittels Collagierung auf andere „Zeichen“, d.h. auf andere Bilder. Da aber diese Bilder keinesfalls „ursprünglich“, sondern selbst wieder Ausdruck bestimmter individueller und kultureller „Patterns“ sind, die erst die Realität, also die „Welt“ ausmachen, kann man hier durchaus von einem unendlichen Regress sprechen, der aber als Kunst nicht zirkulär und aporetisch ist:
Das Sichtbare der Kunst verweist qua Präsenz auf ein Unsichtbares, das wiederum auf ein Sichtbares verweist und so fort…Es handelt sich nicht um eine Refetischisierung, sondern um ein „Metabild“, um einen Ausdruck von W.J.T. Mitchell zu gebrauchen. Damit bezeichnet dieser solche Bilder, die nicht nur „reine“ Bilder sind, sondern zusätzlich über Bilder und ihre Welt visuell reflektieren. Diese Metabilder sind „notorisch wanderlustig, bewegen sich von der populären Kultur in die Wissenschaft, die Philosophie oder die Kunstgeschichte, vertauschen eine marginale Existenz als Illustration oder Ornament mit Zentralität und kanonischer Ordnung“ schreibt W. J. T. Mitchell, einer der Begründer des "iconic turn".
Für die Herstellung solcher „Appropriations“-Kunst ist die fotografische Reproduktion – nicht nur als dazwischen geschaltetes Medium – unerlässlich. Wolfgang Ullrich hat gezeigt, dass der Umgang mit Reproduktionen zunehmend „raffinierter“ wird, und zur „besten Schule des Geschmacks“ mit einem „Sinn für Differenzen“ und einer „reich nuancierten Sprache“ führt. So spielen bei meinen „gemalten Collagen“ die Nuancierungen zwischen der Sicht des Apparats und der malerischen „Hand- und Kopf“-Arbeit eine entscheidende Rolle.
Dies führt uns zum entscheidenden Paradigma meiner gesamten künstlerischen Arbeit seit mehr als 30 Jahren – einem Paradigma, das ich nicht allein erfunden habe, sondern das zu den Essentials der Postmoderne gehört – mit wichtigen Vorläufern in der klassischen Moderne:
Ähnlich wie im Grinsen der Edamerkatze in Alice’ Wunderland zeigt sich in der Kunst etwas, das nicht anwesend ist.
Das Grinsen der Edamerkatze ist berühmt für seine Einzigartigkeit und Rätselhaftigkeit. Es ist breit und verschmitzt, erscheint oft, bevor der Rest der Katze sichtbar wird, und verschwindet zuletzt, wenn sie geht. Das Grinsen ist so markant, dass es fast losgelöst von der Katze selbst zu sein scheint und in der Luft schwebt. Es vermittelt eine geheimnisvolle und fast übernatürliche Qualität, die perfekt zum surreal-märchenhaften Kontext des Wunderlands passt. Dieses Grinsen spiegelt die schelmische, undurchschaubare Natur der Katze wider und trägt zur allgemeinen Unberechenbarkeit und dem Charme der Geschichte bei.
Die komplexe ternäre Zeichen-Organisation der Renaissance und des 16. Jh. bestand aus „drei völlig voneinander getrennten Elementen: das, was markiert wurde, das, was markierend war, und das, was gestattete, im Einen die Markierung des Anderen zu sehen“ schreibt Michel Foucault in "Die Ordnung der Dinge".
Diese geheimnisvolle, aber im Buch der Natur deutlich lesbare Verbindung zwischen dem Bedeuteten und dem Bedeutenden, die sogenannten „Signaturen“, waren voll vom „ganzen Gewimmel der Welt“. Davon „befreite“ sie die streng binäre Zeichen-Theorie, die Anfang des 17.Jh. begründet wurde und „die sich wahrscheinlich bis heute gehalten hat“. Darin gibt es
„zwischen dem Zeichen und seinem Inhalt kein vermittelndes Element, keine Undurchsichtigkeit (also keine Transparenz).
Für das Bild in der Kunst bedeutet dies, dass die sinnliche Fülle der Bedeutungen und Allegorien, wie wir sie im Barock finden, zu einer Allegorik und einer Emblematik degenerierte, was dann z.B. für Goethe und die Romantiker der Grund war, die Allegorie gering zu schätzen und stattdessen das Symbol zu favorisieren. Allerdings ist eine streng binäre Ordnung der Zeichen für die Kunst letztlich nicht möglich, da das Repräsentierende, also das Werk im weitesten Sinne immer eine Eigenpräsenz hat, also sich zeigt.