Das Wesen des Karnevals ist das Fest der sich regelmäßig erneuernden Zeit, indem er nicht nur in der Zwischenzeit des Jahreswechsels stattfindet, sondern selbst zu einer Zeit des Dazwischen wird. Dadurch wird der Karneval „zu einem Feiern des Abschnitts, in dem das Universum aus den Fugen gerät, in dem die gewöhnliche Ordnung der Dinge sich in ihr Gegenteil verkehrt, wo der Kosmos zum Chaos wird“.
Für mich spricht aus dem masken- und fratzenhaften, leicht komisch wirkenden Ausdruck des Pulcinella – durch die Volkstümlichkeit hindurch – noch ein ursprünglicher faun- und satyrhafter Charakter. Dass im karnevalistischen Rollentausch schon in den frühen mesopotamischen Hochkulturen die Umstellung des alten zum neuen Kalender, also von der alten zur neuen Kon-Stellation sich widerspiegelte, führt uns zu dessen orgiastischem und exzessiven Charakter.
Florens Christian Rang hat in einem wortmächtigen Essay versucht, die „verkehrte Welt“ des Karnevals als exzessives dionysisches Opferfest zu begreifen, in dessen ekstatischem Verlauf der Ordnung, die aus dem „gestirnten Himmel“ stammte, rauschhaft Hohn gelacht wurde. „Durch das Kalender-Loch der Unordnung brach der Triumphzug des Dramas der Außerordentlichkeit.“
Rang folgert aus diesem karnevalistischen temporären Aufbegehren, diesem „verzweifelten Mut, Komödie zu spielen“, „dass überhaupt die moderne Freiheit des Geist- und Seelenlebens in die Zeit gesprungen ist als Faschings-Bocksprung und –Freisprung“.