In diesen drei Collagen entfaltet sich ein Triptychon der Verdammnis, ein vielschichtiges Inferno, das zugleich mittelalterlich, popkulturell und radikal zeitgenössisch ist. Die „Hölle“ ist hier kein Ort, sondern ein Prozess: ein Zersplittern der Bildwelten, ein Kampf der Zeiten, ein sirrendes Flirren zwischen Bedeutungsebenen, die einander verschlingen wie die Gestalten, die in den tiefen Blau- und Schwarzfeldern der Kompositionen gefangen sind.
Im ersten Bild klafft ein Spalt zwischen Epochen: Links erhebt sich der Teufel als ein langgliedriges, reptilisches Fabelwesen, dessen anatomische Unstimmigkeit –
jene schmerzhaft gespannte Haltung, jene geblähten, verkrampften Gliedmaßen – wie ein Echo aus einer religiösen Tafelmalerei wirkt. Doch ins Herz der Szene ist eine Störung eingepflanzt: Eine kleine,
comic-hafte Figur mit rotem Netzmaskengesicht. Sie hängt wie ein fremdartiger Parasit über der albblauen Gestalt zu ihrer Rechten, die Menschenkörper wie achtlose Früchte trägt.
Hier bricht die Hölle aus der Kunstgeschichte heraus – oder die Gegenwart bricht in sie ein. Die modernen Sticker wirken nicht heiter, sondern wie dämonische Parasiten der Popkultur: ekstatisch fehl
am Platz, daher unheimlich. Sie reißen an der Bildlogik, entlarven die Hölle als ein Patchwork der Medien, der Zeiten, der inneren Risse.
Auf einer kleinen Balustrade im Hintergrund stehen drei Gestalten – zwei in kräftigem Rot, eine in tiefem Schwarz –, die dieses Geschehen aus scheinbar großer Distanz betrachten. Ihre Körperhaltungen sind ruhig, beinahe träge: Die linke Figur scheint zu plaudern, die rechte hat in gelangweilter Geste den Kopf auf die Arme gelegt, die mittlere wirkt wie ein höflicher Beobachter einer ganz anderen Szenerie. Gerade diese stoische Unbeteiligtheit verleiht ihnen etwas Unheimliches. Während im Vordergrund das Chaos ausbricht, scheint ihre Welt intakt zu bleiben – als wären sie Zeitschatten einer verlorenen Ordnung, die nicht sehen kann oder nicht sehen will, was sich vor ihren Augen abspielt. So wird ihre stille Präsenz selbst zum Kommentar: Die Hölle findet nicht nur statt, sie wird auch beobachtet – und manchmal ignoriert.
Die zweite Collage scheint zu zeigen, was passiert, nachdem die Hölle bemerkt hat, dass sie gestört wurde. Übermalungen in Rot, Schwarz und Gelb überziehen das Bild
wie aggressive Eingriffe, wie Wunden, die frisch zu bluten beginnen. Die Spiralen, krallenartigen Schleifen und geschwungenen Striche wirken nicht dekorativ, sondern wie Kratzer eines Wesens, das
versucht, das ursprüngliche Bild zu zerstören oder zu verdecken.
Das grüne Monster links wirkt nun weniger wie ein dargestelltes Wesen und mehr wie ein übermaltes Opfer. Der Hintergrund, einst klar gefasst, verwandelt sich in ein Schlachtfeld der Gesten. Die
Figuren, die in der mittelalterlichen Höllenlandschaft einst litten, werden jetzt vom Malprozess selbst zermalmt. Die Hölle ist hier nicht nur ein Thema – sie ist die Handlung, der Akt des Zerstörens
und Übermalens.
Die Sticker wirken nun wie Beobachter im Chaos, kleine Ikonen einer modernen Mythologie, die das Inferno kommentarlos bewohnen, als wären sie gewohnt, in Trümmern zu existieren.
Im dritten Bild scheint die Hölle schließlich in Stein gehauen. Ein wogender Block menschlicher Körper – ein Relief aus Angst, Schmerz und entgleisten Gliedmaßen –
bildet den Hintergrund. Zwischen ihnen aber stehen erneut die modernen Symbole: ein Auge, weit aufgerissen und unnatürlich klar, daneben ein Totenkopf-Emblem aus grellen Farben, fast
karnevalesk.
Inmitten dieser steinernen Masse öffnet sich ein Fenster zurück zum ersten Höllenbild: Die reptilische Gestalt taucht nun wie ein Zeuge aus einer anderen Realität auf, montiert, ausgeschnitten, fast
wie ein Artefakt einer vergangenen Vision.
Diese letzte Collage wirkt wie eine Archivwand der Verdammnis: Das alte Leid im Stein, das neue Grauen in Zeichen und Farben, dazwischen die Zerrissenheit eines Wesens, das aus seiner eigenen
Geschichte herausgelöst wurde.
Der Raum ist übervoll – ein Gedränge der Epochen, Körper und Bildmaterialien. Die Hölle erscheint nicht mehr als metaphysischer Ort, sondern als kultureller Palimpsest: ein Schichtenkuchen der Angst,
des Überdrusses, der Bedeutungsüberflutung.
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