Kosmos im Clownskostüm, 2025, Öl/Leinwand, 120 x 100 cm
Der Gesamt-Charakter der Welt ist dagegen in alle Ewigkeit Chaos.
– Friedrich Nietzsche
Mein Gemälde „Kosmos im Clownskostüm“ wirkt wie ein Schlag gegen den Versuch, Ordnung zu erkennen. In einem Geflecht aus Farben, Formen und Symbolen konfrontiert es den Betrachter mit einem visuellen Universum, das sich jeder linearen Deutung entzieht. Statt einer klaren Komposition offenbart sich ein bewusst gesetztes Chaos, das – so paradox es scheint – seine eigene Form von Struktur besitzt. Wie ein Clown, der hinter seinem grellen Kostüm eine tiefere Wahrheit verbirgt, spielt das Bild mit den Gegensätzen von Heiterkeit und Bedrohung, Sinn und Unsinn.
Im Zentrum sticht ein gelber Kreis mit grinsender Fratze hervor, von einem orangefarbenen Rand umgeben, der beinahe wie eine Sonne wirkt – jedoch ohne Licht, dafür mit Zähnen. Dieses Gesicht, ob Maske oder Wesen, ist keine freundliche Präsenz, sondern eine Spottgebärde, ein kosmisches Lachen, das eher verhöhnt als erhebt. Die Farbpalette ist fast dissonant, beinahe provokativ gewählt: giftiges Grün, überzeichnetes Magenta, hartes Schwarz, kaltes Blau. Doch sie konkurriert nicht, sie verschmilzt in einer Art Gleichzeitigkeit der Gegensätze. Alles scheint gleich wichtig – oder gleich bedeutungslos.
Im Titel des Bildes – „Kosmos im Clownskostüm“ – liegt bereits der gedankliche Sprengstoff. Der Kosmos, traditionell als Inbegriff göttlicher oder rationaler Ordnung verstanden, wird hier scheinbar ins Lächerliche gezogen. Der Clown, als Sinnbild der Ironie und Verkehrung, wird zum Träger des Universums. Oder umgekehrt: Das Universum ist selbst der Clown, dessen Darbietung wir nicht durchschauen. Was zunächst wie ein harmloser Scherz wirkt, entpuppt sich als Ernst – und umgekehrt. Die zentrale Figur des Bildes, zusammengesetzt aus geometrischen Flächen und organischen Strukturen, trägt nicht zufällig ein Gesicht, das zugleich menschlich und monströs erscheint. Sie ist Personifikation und Parodie zugleich.
Hier berührt das Werk eine Tradition, die bis in die Antike zurückreicht: Im "Timaios" beschreibt Platon den Kosmos selbst als lebendiges Wesen, das als vollkommenste aller Personen gedacht wurde. Diese Vorstellung eines belebten Universums wirkte weit über die Antike hinaus in die mittelalterliche und frühneuzeitliche Kosmologie, bis hinein in die Astrologie, die das Schicksal des Einzelnen in den „Gesten“ dieses kosmischen Wesens zu lesen sucht. Mein Gemälde greift diese anthropomorphe Vorstellung in ironischer Brechung auf: Der Kosmos erscheint hier nicht als erhabener, wohlgestalteter „Weltmensch“, sondern als clowneske, groteske Figur, die uns aus einer Fratze heraus angrinst. Was bei Platon Ausdruck göttlicher Harmonie war, ist hier zur Bühne des Absurden geworden.
In den ornamentalen Mustern, den pflanzlichen Motiven, den tierähnlichen Andeutungen scheint eine Fülle kultureller, vielleicht archetypischer Bezüge auf. Aber nichts wird erklärt, nichts eindeutig benennbar gemacht. Die Formen bleiben vage, fragmentarisch, wie Versatzstücke aus einem kollektiven Bildgedächtnis. Was bleibt, ist ein permanentes Spiel zwischen Interpretation und Irritation. Der Versuch, eine Bedeutung zu fixieren, scheitert an der Offenheit des Bildes.
So kommt es bei mir zum Spiel der Bedeutungen.
Gerade darin liegt für mich die Kraft des Kunstwerks: Es führt die Betrachter in die Vieldeutigkeit, das Widersprüchliche, das Absurde ein – und entlarvt damit die Sehnsucht nach Klarheit in der Kunst als ein fast naives Bedürfnis. Der Kosmos, so scheint das Bild zu sagen, ist keine geordnete Maschine, sondern eine Bühne voller Zufälle, Übertreibungen und Maskeraden. Und wenn es eine Ordnung gibt, dann ist sie nicht ernst, sondern clownesk.
In dieser Gleichzeitigkeit von Ordnung und Anarchie, Ernst und Lächerlichkeit, Schönheit und Groteske schimmert eine Idee durch, die schon im Spätmittelalter formuliert wurde: der coincidentia oppositorum, der Zusammenfall der Gegensätze, wie ihn Nikolaus von Kues beschrieb. Für ihn lag die höchste Wahrheit nicht in der Trennung, sondern in der paradoxen Vereinigung von Gegensätzen – Gott als jenes Prinzip, in dem sich das Unvereinbare begegnet. Dieses Bild scheint, bewusst oder intuitiv, eine ähnliche Idee zu verkörpern: Hier treffen sich das Heilige und das Profane, das Kosmische und das Komische, das Licht und der Abgrund in einer einzigen Form. Und gerade weil es sich der Logik entzieht, kommt es dem Geheimnis der Wirklichkeit näher als jede rationale Darstellung.
Aus der Perspektive des Künstlers wird dieses Chaos jedoch nicht bloß dargestellt, sondern gelebt. Es ist kein intellektuelles Konzept, sondern ein innerer Zustand. Der Schöpfungsakt in einem solchen Werk ist keine Komposition, sondern eine Explosion. Nietzsche schrieb im "Zarathustra": „Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“ Genau das scheint hier geschehen zu sein. Ich habe das Chaos in gewisse Weise zugelassen und durch sich hindurch sprechen lassen. Das Bild ist der geborene Stern – tanzend, unberechenbar, leuchtend aus dem inneren Dunkel.
Dabei bedeutet mein Rückgriff auf vormoderne Topoi keine wissenschaftsfeindliche Haltung. Vielmehr werden alte Denkfiguren – wie der Kosmos als Person, der Zusammenfall der Gegensätze oder astrologische Chiffren – nicht als Wahrheiten reaktiviert, sondern als kulturelles Erbe zitiert. In der Kunst werden sie zur Maske, zur Metapher, zum Material. Sie eröffnen symbolische Räume, ohne empirische Ansprüche zu erheben, und sie erlauben es, den Reichtum vergangener Weltbilder produktiv in die Gegenwart zu überführen. Gerade die ironische Brechung, mit der diese Motive eingesetzt sind, macht klar, dass es mir nicht um irgendeine Rückkehr oder gar Renaissance geht, sondern um die Anerkennung, dass es neben rationaler Erklärung auch symbolische Erfahrung gibt. So wird Mythos nicht als Alternative zur Vernunft inszeniert, sondern als ästhetische Erfahrung.
Neue Welt 01, 2025, Öl/Leinwand, 120 x 100
Das Gemälde "Neue Welt" präsentiert sich als ein visuelles Manifest des Aufbruchs. In einer Explosion aus Farbe, Form und Bewegung entfaltet sich ein Bildraum, der gleichermaßen von Hoffnung, Unruhe und Entdeckungslust durchdrungen ist. Hier verschmelzen Anklänge an den Abstrakten Expressionismus mit surrealistischen Strukturen zu einer Bildsprache, die sowohl intuitiv als auch konzeptuell wirkt.
Das zentrale Motiv im rechten oberen Bildbereich ist ein kreisförmiges Gebilde, umgeben von strahlenförmigen Linien. Es erinnert an eine aufgehende Sonne, deren Licht die Bildfläche durchschneidet, aber ebenso an ein Auge, das zum ersten Mal in die fremde Welt hinausblickt. Die „Neue Welt“ ist sowohl das, was sich vor uns entfaltet, als auch das, was wir in uns selbst zum ersten Mal wahrnehmen.
Unterhalb dieses Strahlenkreises liegt eine tiefblaue, kugelförmige Form – wie ein Planet, ein Samen oder ein embryonaler Kern. Umgeben von geometrischen Fragmenten und Farbflächen scheint er ein Zentrum der Schwerkraft zu bilden, ein Ankerpunkt im tosenden Chaos der Formen. Rechts und links davon drängen sich Farbblöcke, Linien und vegetabile Anmutungen: Zeichen einer Welt im Entstehen, in der organische und künstliche Elemente noch untrennbar miteinander verwoben sind.
Die schwarze, gezackte Linie, die sich vom unteren Bildrand ins Zentrum windet, fungiert als visueller Pfad – ein Weg, der uns in die Komposition hineinzieht. Er könnte als Symbol für den Übergang verstanden werden: den oft unklaren, manchmal bedrohlichen, doch unausweichlichen Weg in das Neue. Dieser Pfad führt nicht in eine wohlgeordnete Landschaft, sondern in einen Raum der Möglichkeiten, in dem Chaos und Ordnung in einem instabilen Gleichgewicht koexistieren.
Auffällig ist, dass das Gemälde nicht versucht, seine Elemente in eine eindeutige Erzählung zu zwingen. Stattdessen eröffnet es dem Betrachter ein Feld der Assoziationen. Die „Neue Welt“ erscheint nicht als etwas Fertiges, sondern als Laboratorium der Formen, Farben und Energien. Die kräftigen, pastosen Pinselstriche verleihen dem Werk eine physische Präsenz, als ob die Welt, die wir sehen, gerade im Akt des Malens geboren würde.