Beauties

 

Die Serie „Beauties“ entfaltet sich als ein vielschichtiges Spiel zwischen klassischen Schönheitsidealen, zeitgenössischer Bildästhetik und surrealen Fragmentierungen. Sie operiert an der Schnittstelle von Malerei, Fotografie und Collage und legt eine künstlerische Strategie offen, die Schönheit nicht als statischen Zustand, sondern als konfliktreichen Prozess sichtbar macht.

In allen Arbeiten prallen Bilderwelten aufeinander: Ausschnitte aus der Modefotografie, mythologische und kunsthistorische Referenzen, groteske Fratzen und ornamentale Landschaften. Die Schönheit wird in diesem Kontext nie isoliert gezeigt, sondern stets gebrochen, übermalt, zerlegt oder in fremde visuelle Systeme eingebettet. Was entsteht, ist eine Ästhetik der Überlagerung – eine „schöne Störung“, in der das Verführerische und das Abgründige untrennbar verbunden sind.

 

Ich mache mir die Bildsprache der Werbung und der klassischen Malerei gleichermaßen zunutze. Die glatten, perfekten Gesichter aus der Modefotografie stehen in einem Spannungsfeld zu expressiven Farbspuren, die sie teilweise verdecken, verzerren oder aggressiv durchkreuzen. Ikonische Gestalten der Kunstgeschichte – etwa Botticellis Simonetta – tauchen auf, werden aber in ein gegenwärtiges Spannungsfeld gezogen, das die Fragen nach Zeitlosigkeit, Projektion und Inszenierung von Schönheit neu stellt.

 

Ich binde groteske und dämonische Figuren ein - fast wie in einem Albtraum -, die an Hieronymus Bosch erinnern. Sie fungieren als Gegenbilder, die die fragile Oberfläche der Schönheit durchbrechen und auf deren Kehrseite verweisen: Verfall, Angst, Begierde, Macht.

Schönheit wird hier nicht als harmonische Ganzheit zelebriert, sondern als ein brüchiges Konstrukt, das stets von seinen eigenen Schatten bedroht ist.

 

Die Serie „Beauties“ lädt damit zu einer dialektischen Betrachtung ein: Sie konfrontiert uns mit der Lust am schönen Schein und zugleich mit seiner Auflösung, mit der Verführungskraft des Bildes und seiner Zerstörung. Schönheit wird nicht neutral gezeigt, sondern als ein Terrain von Kämpfen – zwischen Anziehung und Abstoßung, Tradition und Gegenwart, Harmonie und Dissonanz.

Kurzum: Diese Collagen sind nicht bloß Darstellungen von „Schönheit“, sondern Inszenierungen ihrer Gefährdung, ihrer Konstruktion und Dekonstruktion. 

 

 

Beauties 05, 2016, Acryl/Collage, 105 x 70cm

 

In diesem Bild kommt meine Liebe zur Schönheit der Parks und der Landschafts-Schönheiten überhaupt zum Ausdruck.

Die geometrischen Anlagen des Barockgartens erinnern mich immer daran, dass dieser mit seinen geometrischen Proportionen ein Abbild des Kosmos (und umgekehrt) ist. Doch Gott wohnt inzwischen nicht mehr im himmlischen Empyräum oder auf dem Olymp oder in einem imaginären paradiesischen Garten, sondern er weilt mitten unter uns – nach seinem Tode – im Irdischen Paradies, das wir besonders in der Moderne zu erreichen versuchen.

 

 

 

Beauties 16, 2017, Acryl/Collage auf Dibond, 105 x 70cm

 

Diese Arbeit aus einer Serie von übermalten Collagen ist nach Gemälden, die dann wiederum übermalt wurden, entstanden. Bei genauerem Hinsehen kann man rechts oben noch die Vorderseite eines Rettungswagens im Einsatz erkennen, der unter den expressiv-pastosen Pinselstrichen fast ganz verschwindet.

Rettung durch Kunst? Oder gar durch Schönheit? Oder ist die Grenze zwischen schön und häßlich, – traditionell ausgedrückt zwischen gut und böse – unscharf, ja kaum vorhanden, so dass eins ins andere übergeht? In diesem Bild ist Vieles angedeutet, bleibt Vieles im Dunkeln, obwohl der Bildaufbau klar und überschaubar ist. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch die zwischen abstrakt-expressiver Malerei und Photographie, zwischen Analogem und Digitalem und zwischen Bild und Kopie oszillierende Bildwelt.

Heribert Heere

KÜNSTLER

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