Nach neuen Meeren

 

Dorthin — will ich; und ich traue

Mir fortan und meinem Griff.

Offen liegt das Meer, ins Blaue

Treibt mein Genueser Schiff.

 

Alles glänzt mir neu und neuer,

Mittag schläft auf Raum und Zeit –:

Nur dein Auge — ungeheuer

Blickt mich's an, Unendlichkeit!

 

Friedrich Nietzsche, Nach neuen Meeren, 1882

 

Diese vier Collagen von 1997 entfalten sich als visuelle Resonanzräume zu Friedrich Nietzsches Gedicht „Nach neuen Meeren“. Das Gedicht spricht vom Aufbruch, vom Wagnis, alte Sicherheiten zu verlassen, um neue Horizonte zu entdecken – auch wenn diese voller Unsicherheit, Gefahr und ungewissem Ausgang sind.

In den Arbeiten verschränken sich fragmentierte Gesichter, Landschaften, mythische Anklänge und grelle Farbexplosionen zu einem Geflecht von Sehnsucht, Ekstase und Zerrissenheit. Die Überlagerungen von Malerei, Fotografie und Schrift verweisen auf das Ringen zwischen Vertrautem und Fremdem, zwischen innerer Vision und äußerer Realität.

Die Textelemente, die sich über die Bilder legen, erinnern an das poetische Sprechen des Gedichts selbst: sie sind sowohl Geständnis als auch Prophezeiung, sowohl innerer Monolog als auch Aufforderung zum Aufbruch.

Die Bildsprache oszilliert zwischen Verführung und Zerstörung, zwischen Schönheit und Fragmentierung. Sie macht sichtbar, was Nietzsche in Worte fasst: die Dringlichkeit, sich von den alten Küsten zu lösen, um den eigenen Weg „nach neuen Meeren“ zu wagen.

So werden die Collagen zu einem visuellen Gegenstück des Gedichts – ein Kaleidoskop der Transformation, des Risikos und der Hoffnung, die in der Bewegung ins Offene liegen.

 

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