Der Tod Gottes

Auch wenn wir seit Nietzsche wissen, dass nicht die Aufklärer es waren, die Gott getötet haben, sondern die Theologen selbst, sozusagen als letztes Opfer opfert der Gott seine eigene Existenz. Ich will damit nur andeuten, dass wir keine noch so subtilen ‚Mythen des Alltags’ brauchen, um einfach das Ende aller Mythen zu diagnostizieren. Vermutlich hat man sich noch nie so um den antiken Mythos bemüht wie in den letzten Jahrhunderten im Abendland (und davor natürlich auch). Man kann nur mit der gebührenden Ironie feststellen, dass je toter die Götter sind, um so mehr leben sie im Bild – oder, um einen zeitgenössischen Begriff zu gebrauchen – in der Fiktion.

Friedrich Nietzsches Proklamation „Gott ist tot“ erscheint am bekanntesten in seinem Werk „Also sprach Zarathustra“.Die Behauptung bezeichnet nicht den buchstäblichen Tod einer Gottheit. Stattdessen machte Nietzsche eine Aussage über den Niedergang traditioneller Werte in der westlichen Gesellschaft. Nietzsche glaubte, dass die Ära der Aufklärung und der Aufstieg des wissenschaftlichen Denkens die Dominanz und Glaubwürdigkeit christlicher moralischer und metaphysischer Erzählungen untergraben hatten. Infolgedessen verloren traditionelle, im Christentum verwurzelte Werte ihre Macht und ihren Einfluss auf die Gesellschaft.

Mit dem Niedergang der religiösen Autorität sah Nietzsche eine Lücke in der moralischen Landschaft voraus. Ohne einen grundlegenden Rahmen für die Moral befürchtete er die Entstehung des Nihilismus – der Überzeugung, dass das Leben keinen Sinn, keine Bedeutung oder keinen inneren Wert hat.

Nietzsche glaubte, dass es, wenn Gott im kulturellen Sinne „tot“ sei, an den Einzelnen liege, neue Werte zu schmieden. Diese Aufgabe würde enormen Mut und Kreativität erfordern, da sie bedeutete, über gesellschaftliche Normen und Konventionen hinauszuschauen, um den eigenen moralischen Kompass zu bestimmen.

Als Reaktion auf den Tod Gottes schlägt Nietzsche die Idee des Übermenschen vor. Diese Figur verkörpert Nietzsches Vision vom Potenzial der Menschheit: ein Mensch, der seine eigenen Werte schafft, authentisch lebt und die nihilistische Leere überwindet.

 

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