Fiktionen

Fiction 05, 2022, Öl auf Leinwand, 120 x 100 cm

 

In den Bildern dieser Serie, der ich den Titel „Fiction“ gegeben habe, fühlt man sich an Science-Fiction erinnert. Es erscheinen schemenhaft assoziative Verweise auf Technoides, Natürliches und Humanoides, die sich in eigenartiger Verstrickung befinden. Durcheinandergewirbelt sehen wir umrisshaft neue Welten und Zukunftsentwürfe.

Der Weg von den erkennbaren Comic-Motiven führt in diesen Bildern zu deren Abstraktion. Das Wiedererkennen der Comic-Formen steht am Anfang der Betrachtung und dann beginnt eine Suche, die zu dem Ergebnis führt, dass die Konstruktion von Szenischem rund um Superhelden und andere Comicfiguren nicht gelingt, dass wir es also mit fast abstrakten Formen zu tun haben, mit Abstraktionen, in denen das Konkrete des Comics nicht aufgeht.

Nach ihrer Untersuchung der Wahrscheinlichkeitsrechnung kommt die Soziologin Elena Esposito in ihrem Essay „Die Fiktion der wahrscheinlichen Realität“ zu allgemeinen Bestimmungen des modernen Verhältnisses von Realitäten und Fiktionen. Gerade weil „die Fiktion auf präzise, überprüfbare und nicht willkürliche Weise eine Welt beschreibt, die nicht existiert“ ist ihre Aneignung „Voraussetzung, sich in der realen Welt besser bewegen“ zu können[1]. Die Autorin arbeitet hier mit einem sehr allgemeinen Begriff der Fiktion und ich will keinesfalls unterstellen, dass die Rezeption moderner bzw. postmoderner Kunst die Realitätsbewältigung grundsätzlich erweitert. Aber es erscheint wichtig, dass Esposito einen Ansatz liefert, die verbreitete Annahme, Kunst sei eine Flucht aus der Realität, zu konterkarieren. Im Übrigen ist ihr Essay ein Plädoyer für die Verschränkungen von Realität und Fiktion. So spricht sie vom „Konzept der Realitätsverdoppelung als dem roten Faden ihrer Ausführungen“. Diese „vertikale Realitätsvervielfachung“, dieser „Realitätspluralismus“ sei eine „häufig missverstandene Existenzbedingung der modernen Gesellschaft.“ Deshalb seien Fiktionen weder wahr, da sie sich nicht auf die reale Realität beziehen, aber auch nicht falsch, also Irrtümer oder Lügen, da sie Möglichkeiten darstellen. „Sollten sie sich verwirklichen, wäre das purer Zufall“[2]

 

[1] Elena Esposito, Die Fiktion der wahrscheinlichen Realität, Frankfurt 2007, S. 56

[2] Ibid., S. 68f

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